Preisexplosion und Rezessionsgefahr – Wie geht es weiter mit dem Zins?

Blick aus der Frauenkirche
6. Juli 2022

Seit dem Jahr 2008 kämpfen die Notenbanken weltweit gegen das sich tendenziell abschwächende Wachstum der Weltwirtschaft.

Frauenkirche

Durch den enormen Einsatz von ultra-leichter Geldpolitik zur Abwendung der Bankenkrise haben sich die weltweiten Verschuldungen in den Finanzsystemen bis 2022 in eine historische Dimension aufgeschwungen. Das viele Geld in den Währungssystemen führte zu einem rasanten Anstieg der Assetpreise bis Ende 2021. So ziemlich bei allen Vermögensgütern von der Immobilie, der Aktie, über das Rentenpapier bis hin zu Rohstoffen ging die Verteuerung von einer Runde zur nächsten. Die gestörten Lieferketten aufgrund der Pandemie-Einschränkungen führten jedoch zu Problemen bei den Produzenten, weil wichtige Vorprodukte und Zulieferungen nur verspätet oder gar nicht eintrafen. Die jahrelang propagierte Globalisierung zeigte sich nun von ihrer gefährlichen Seite. Damit setzte plötzlich eine künstlich erzeugte Verteuerung ein, die sich mit Beginn des Russland-Konflikts Anfang 2022 sogar noch kriegsbedingt beschleunigte. So erreichten die Inflationsindizes zuletzt vor allem wegen des Preisanstiegs im Bereich Energie und Lebensmittel einen Zuwachs von bis zu 7,9 % in Europa.

Parallel zur Verteuerung wichtiger Bestandteile des Lebens, gerieten Dienstleister im Transport und in der Logistik in die Kostenklemme, auch hier zogen die Preise durch die Bank stark an. Der nach dem Wegfall der Pandemie-Einschränkungen bestehende Reisedruck konnte so in den letzten Wochen gar nicht mehr bewältigt werden. Die Internet-Buchungssysteme waren von den Anbietern nicht auf die tatsächliche Kapazitätsgrenze angepasst worden. Somit läuft auch der Reiseverkehr im Sommer 2022 mit erheblichen Verzögerungen und Ausfällen, die vor allem der coronabedingten Freisetzung von jetzt wieder dringend benötigtem Personal geschuldet sind. Speziell der Reisesektor erlebt eine nie dagewesene Verteuerung in so kurzer Zeit.

Die Wirtschaftspolitik muss nun zum einen die starken Verteuerungen in Energie und Lebensmittel für breiten Schichten der Bevölkerung stemmbar machen, gleichzeitig erhöhen sich durch die Inflation vor allem die Refinanzierungskosten für den Staat und seine Bürger. Der Bund-Future als Gradmesser der langfristigen Zinsentwicklung verlor im zweiten Quartal 2022 ganze 350 Basispunkte. Damit einhergehend verteuerten sich 10-jährige Hypothekenkredite von 1,0 % auf in der Spitze 3,5 %. Die zuletzt hochbewerteten Aktien und Immobilien rund um den Globus werden ihr Niveau nicht halten können. Sollte sich der Zinsanstieg der letzten sechs Monate auch nur halten, muss für das BIP-Wachstum daher ein stärkerer Rückgang erwartet werden.

Viele Immobilienkäufe wurden zuletzt bereits zu hohen Preisen stark gehebelt und mit entsprechenden Fremdkapitalanteilen finanziert. Bis vor Kurzem waren bei erstklassiger Bonität auch noch 100 % Finanzierungen möglich, jetzt dürfte seitens der Banken viel genauer auf die Eigenkapitaldecke und den monatlichen Cashflow geachtet werden. Durch die enormen Preissteigerungen im Bau haben sich auch die Gestehungskosten der neuen Liegenschaften extrem verteuert. Insgesamt überwiegen derzeit die Negativfaktoren für den Immobiliensektor, schwierig dürfte es vor allem im gewerblichen Sektor werden. Wegen der enorm gestiegenen Unterhaltskosten werden Büro- und Produktionsliegenschaften wohl eher entmietet als zugemietet, die Zeit des Kosten-Controllings ist wieder angebrochen.

Das vergangene Niedrigzinsumfeld dürfte aus mehreren Gründen wohl über Jahre nicht mehr zurückkehren. Aktuell beginnen selbst die langfristigen Standortvorteile Deutschlands zu wackeln, denn auch unsere Gesellschaft hat in den letzten Jahrzehnten zu wenig in die Zukunft investiert und sich auf einem verträglichen Wohlstandsniveau zurückgelehnt. Jetzt kommen alle kritischen und existenzgefährdenden Themen zugleich auf den Tisch, gut wer hier mit kompetenten Lösungsvorschlägen aufwarten kann.

Eigentlich müssten die Zinsen im aktuellen Inflationsumfeld erhöht werden, sie sind aber in Europa und vielen anderen Staaten noch nahe null. Die schnellste Umkehr erfolgte nun in den USA, hier sollen die Leitzinsen bis Jahresende auf 3,0 % steigen, Ökonomen sehen darin allerdings einen Supergau. Denn durch die anziehenden US-Zinsen besteht ein internationaler Abwertungsdruck für alle anderen Währungen gegenüber dem US-Dollar, der seit Mitte 2021 gegenüber dem Euro bereits 13 % aufgewertet hat. Neben einer schwierigeren Refinanzierung für Unternehmen und Private gleichermaßen würden die europäischen Regierungen in der Begebung von Staatsanleihen somit erheblich in die Bredouille kommen.

Fazit aus der Löwengrube

Die Entwicklung der Weltwirtschaft wird gegenüber den Jahren vor der Pandemie eine starke Veränderung durchleben. In einer für die zweite Jahreshälfte aufkommende Rezession stehen die Notenbanken mit ihren Anti-Inflationsmaßnahmen erneut auf dem Prüfstand. Denn dann gilt es, den Abschwung zu mildern und ggf. sogar wieder Zinslenkungsmaßnahmen in den Raum zu stellen, um das Schiff auf Kurs zu halten.

Wir sehen im Immobiliengeschäft vor allem im gewerblichen Bereich stärkere Rückgänge, der private Sektor wird mit schwierigeren Modalitäten und deutlich höheren Refinanzierungen leben müssen. Ob dies schon dazu führt, dass der Markt in eine Abkühlungsphase einmündet, ist heute noch nicht sicher. Denn die Kapitalflucht raus aus Barvermögen hin zur festen Anlage z.B. in eine Immobilie ist ebenso Bestandteil einer möglichen Altersvorsorge-Strategie, wie der Erwerb von Aktien, weil historisch ein beobachtbarer Gleichlauf zum Geldwert stattgefunden hat. Edelmetalle haben ihren Sicherungszweck bis jetzt nicht erfüllen können, auch sie werden derzeit in der Krise abverkauft.

Für viele Unternehmen steht nach 2 Jahren nun die Tilgung der Corona-Brückenhilfen an. Weil die Bildung von Rücklagen sicherlich nicht einfach vonstattenging, ist damit zu rechnen, dass gerade mittelständische Betriebe einen sehr hohen Refinanzierungsbedarf haben werden. Mit einer schwächeren Konjunkturdynamik verstärkt sich dieser Kapitalbedarf zusätzlich. Immerhin werden zumindest die Energiepreise mit dem Eintreten von rezessiven Tendenzen wieder sinken, einige volkswirtschaftliche Ausblicke sehen hier bereits die 80 USD-Marke. Die Zeche der im Jahr 2011 ausgerufenen Energiewende wird aber insbesondere den Standort Deutschland auf der betrieblichen wie auch privaten Kostenseite noch erheblich belasten.

zinschart1

Die Herausforderungen sind gewaltig, denn der Zugang zu Kapital wird in nächster Zeit mit anderen Parametern gemessen, als in der zurückliegenden Niedrigzinsphase. Heute zählen belastbare Vermögenswerte, Eigenkapital und Liquidität zu den Determinanten der betrieblichen wie privaten Finanzierung. Im privaten Bereich limitieren die Eigenkapitalanforderungen die Konsumwünsche der Bürger, nötige Prolongierungen werden zu Belastungen für das Haushaltsbudget. Die auslaufenden KfW-Corona-Hilfen werden aber den Kreditmarkt für Unternehmen stark anheizen, hier gilt es progressive Ideen zu entwickeln, die geeignet sind, sowohl die Wachstumsdelle als auch das drohende Finanzierungsloch zu überbrücken.

Das Kreditgeschäft benötigt daher kreative Lösungen in einem äußerst fragilen Umfeld. Wir sehen uns auch in schwierigen Zeiten als Ihr stabiler Partner und verfügen über Ideen sowie ein leistungsfähiges Netzwerk für den anstehenden Finanzierungsbedarf. Wir bieten wir Ihnen eine zielgenaue Beratung in allen Bereichen der Fremd- oder Eigenkapitalfinanzierung. Sprechen Sie uns vertrauensvoll an, gerade in Spezialsituationen arbeiten wir gerne an Ihrem persönlichen Finanzierungskonzept.


Das könnte Sie auch interessieren...