Die Preise für Strom und Gas kennen im Moment kein Halten. Was ist der Grund für die Energiepreisinflation und wie soll der Mittelstand auf die steigenden Kosten reagieren?
Mit 18 Euro pro Megawattstunde befand sich der Erdgas-Future für November am niederländischen Gasterminmarkt TTF zu Jahresbeginn noch auf dem langjährigen Durchschnittsniveau. Ende September lag der TTF-Future bei 98 Euro. Das ist ein Plus von 450 Prozent innerhalb eines Dreivierteljahres. Auch der Strommarkt spielt zurzeit verrückt. Am 15. September kostete der Day-Ahead-Kontrakt am Spotmarkt der Leipziger Strombörse 168 Euro pro Megawattstunde – mehr als dreimal so viel wie im Januar.
Weniger Gaslieferungen aus Russland
Noch spüren viele Mittelständler nichts von dieser Preisexplosion. Sie profitieren von langjährigen Strom- und Gaslieferverträgen, die sie zu günstigeren Zeiten abgeschlossen haben. Doch wer seine Verträge dieses Jahr erneuern muss, gerät arg ins Schwitzen. Bereits Mitte des Jahres vermeldete der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft beim Industriestrom eine durchschnittliche Preiserhöhung von 7,5 Prozent auf 191 Euro pro Megawattstunde. Bloß: Damals waren die Preise im Stromhandel deutlich tiefer als heute. Mittelfristig müssen KMU also mit weiteren Preiserhöhungen rechnen.
Hauptgrund für die steigenden Energiepreise ist die Knappheit bei den Rohstoffen, insbesondere beim Erdgas. Die Gasspeicher sind weniger gut gefüllt als sonst um diese Jahreszeit und das Gasangebot hält der seit dem Frühjahr wieder anziehenden Nachfrage nicht stand. Russland, das für die Hälfte der Gaslieferungen nach Deutschland verantwortlich ist, hat derzeit erhebliche Lieferprobleme. Nach einem Brand in der sibirischen Gasverdichtungsstation Urengoi schränkte Gazprom, der weltweit größte Erdgasförderer, seine Exporte nach Europa ein. Gleichzeitig stieg in China und der Türkei die Nachfrage nach russischem Gas. Kommt hinzu, dass Russland nach einem strengen Winter deutlich weniger Erdgasreserven hat als üblich.
Abgekartetes Spiel des russischen Präsidenten?
Allerdings gibt es Stimmen, die in der gedrosselten Gaslieferung nach Europa ein abgekartetes Spiel des russischen Präsidenten erkennen. Oliver Krischer, der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, meinte zum Beispiel gegenüber dem Berliner Tagesspiegel: „Das ist auch das taktische Begleitspiel, um die Genehmigung der Nord-Stream-2-Pipeline durchzudrücken.“ Tatsächlich ist Nord Stream 2 Teil eines Machtpokers zwischen Russland und der EU. Die Pipeline ist zwar seit Anfang September fertiggestellt. Bisher fehlt aber die für den Betrieb notwendige Zertifizierung.
Streitpunkt ist eine EU-Richtlinie, die verlangt, dass der Betrieb von Pipelines und die Gaseinspeisung voneinander unabhängig sein müssen. Bei Nord Stream 2 ist Gazprom sowohl Verkäuferin des Gases als auch Haupteigentümerin der Betreibergesellschaft. Dass die Verringerung der russischen Gaslieferungen über die bestehenden Routen etwas mit den Auseinandersetzungen um Nord Stream 2 zu tun hat, ist nicht ganz von der Hand zu weisen. Denn seit Wochen wird der Kreml nicht müde zu betonen, die Inbetriebnahme der neuen Pipeline würde die Situation entschärfen.
Höhere Preise für Emissionszertifikate
Angesichts der schwierigen Lage am Gasmarkt steigt die Produktion von Kohlestrom. Leider führt dies nicht zu tieferen Strompreisen. Der Marktpreis für Steinkohle vervierfachte sich nämlich im Laufe des aktuellen Jahres. Davon abgesehen hat Kohle eine deutlich schlechtere CO2-Bilanz als Gas, was dazu führt, dass die Kraftwerksbetreiber mehr Emissionszertifikate benötigen. Dementsprechend befinden sich die europäischen CO2-Zertifikate auf einem Höhenflug. Seit Jahresbeginn verdoppelten sich die Zertifikatspreise von 34 Euro auf rund 64 Euro pro Tonne CO2.
Wesentlichen Einfluss auf die höheren Zertifikatspreise haben zudem die verschärften CO2-Reduktionsziele der Europäischen Union. Seit Anfang 2021 sinkt die erlaubte Höchstmenge an Treibhausgasemissionen jährlich um 2,2 Prozent statt wie bisher um 1,74 Prozent. Unter dem Titel „Fit for 55“ denkt die EU-Kommission bereits über eine weitere Verschärfung der Reduktionsziele nach. Es ist daher zu erwarten, dass die Elektrizitätskosten selbst nach einer Entspannung der Gas- und Kohlepreise hoch bleiben werden. Daran wird auch die für nächstes Jahr beschlossene Senkung der EEG-Umlage von 6,5 auf 6 Cents pro Kilowattstunde nicht viel ändern.
Besonderes Augenmerk auf Liquiditätssicherung richten
Auf lange Sicht sind mittelständische Unternehmen deshalb gut beraten, in eine energiesparende Produktion zu investieren. Kurzfristig lässt sich jedoch wenig gegen die steigenden Energiepreise ausrichten. Wer sich nicht zum richtigen Zeitpunkt durch langfristige Strom- und Gaslieferverträge abgesichert hat, hat mit einer erheblichen Kostenbelastung zu rechnen. Betroffen sind vor allem Unternehmen aus energieintensiven Branchen, darunter Stahlhersteller, Metallverarbeiter, Chemie- und Pharmaproduzenten.
Sie sollten in den nächsten Monaten ein besonderes Augenmerk auf die Liquiditätssicherung richten. Folgende Instrumente können ihnen dabei helfen:
- Factoring: Mit dem Factoring verbessert ein Unternehmen seinen Cashflow, indem es seine offenen Rechnungsforderungen an eine Finanzierungsgesellschaft verkauft. Das Factoring vermindert darüber hinaus die Gefahr von Zahlungsausfällen, zumal das Ausfallrisiko mit Abtretung der Forderungen automatisch auf den Factoringanbieter übergeht.
- Finetrading: Beim Finetrading handelt es sich um eine Vorfinanzierung der Wareneinkäufe, die das Zahlungsziel für den Käufer auf bis zu 120 Tage verlängert. Dadurch reduziert das Finetrading die Liquiditätsbelastung, die entsteht, wenn ein Unternehmen für den Einkauf von Halbfabrikaten oder Rohstoffen in Vorleistung gehen muss.
- Lagerfinanzierung: Die Lagerfinanzierung ermöglicht, die in den Lagerbeständen gebundene Liquidität zu aktivieren. Sie funktioniert ähnlich wie ein Kontokorrentkredit: Das Warenlager dient als Sicherheit für einen Kredit, der jederzeit zum Abruf bereitsteht. Die Finanzierungsquote beträgt bis zu hundert Prozent des Warenwertes.
- Leasing: Leasing bindet im Gegensatz zu einem Kauf oder einer Finanzierung mit Anzahlung weniger Liquidität auf einmal. Die Leasingraten bleiben über die gesamte Vertragsdauer gleich hoch und lassen sich aus den laufenden Erträgen der Leasingobjekte bezahlen. Davon abgesehen sind die Leasingraten vollständig von der Steuer absetzbar, während die Tilgungsraten eines Kredits nicht abzugsfähig sind.
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