Die Branche ist angeschlagen und hat zu kämpfen – sowohl um Geschäfts- und Privatkunden, als auch um die Zukunftsmärkte. So verwundert es kaum, dass derzeit zunehmend FinTechs in das nähere Blickfeld traditioneller Banken rücken. Diese erhoffen sich von den jungen, innovativen und digitalen Finanzdienstleistern nicht weniger als die Modernisierungskur, die den Banken den Weg in die unsichere Zukunft ebnet.
Nachdem wir letzte Woche bereits ein erfolgversprechendes Start-up im Bereich digitale Einkaufsfinanzierung vorgestellt hatten, werfen wir heute einen Blick auf die Vermögensverwaltung der Zukunft. Auch der Frage nach den Ursachen für den Wandel und wie einzelne Wettbewerber die Herausforderung „Digitalisierung“ anpacken, gehen wir nach.
Die Vermögensverwaltung von morgen findet online statt
FinTechs arbeiten schnell, effizient und bieten den Kunden moderne Plattformen, die auch mobil erreichbar sind. Das verschlankt viele Kreditprozesse und schont wertvolle Ressourcen auf beiden Seiten. Dabei setzen viele Institute auf Kooperationen mit externen Dienstleistern, wie zuletzt der Zusammenschluss des Start-ups Scalable Capital mit der ING DiBa zeigte. Die Online-Vermögensverwaltungsplattform von Scalable Capital ermöglicht es Anlegern, zu relativ geringen Gebühren, ein der individuellen Risikoneigung entsprechendes Portfolio aus ETFs zu konstruieren, und dieses stets den Ansprüchen des Investors anzupassen.
Mit dieser praktischen Anlageplattform kann die Bank ihren Einlegern, ganz ohne Eigenentwicklung, besseren Service und mehr Zusatzleistungen in der Anlageverwaltung bieten, während dem Start-up ein komplett neuer und dazu riesiger Kundenkreis zugänglich wird. Für alle drei Parteien ein zunächst potenziell vorteilhafter Zusammenschluss.
Die Commerzbank hingegen hat die Digitalisierung des Bankings zur eigenen Agenda erklärt und arbeitet im hauseigenen Digitalcampus am Banking der Zukunft. Ob sich diese Strategie auszahlt bleibt abzuwarten. Die Commerzbank könnte einen größeren Erfolg, nach ihrer langen Durststrecke, ohne Zweifel gut gebrauchen. Ob das Ziel der Digitalagenda, 80 Prozent der Prozesse zu automatisieren, nicht zu ambitioniert ist, wird sich zeigen.
Struktur- Angebots und Imagewandel – das Geschäft mit der Geldanlage verändert sich
FinTechs werden mit Innovation, Digitalisierung und Automatisierung assoziiert – allesamt positiv belegte Begriffe. Von positiven Assoziationen können Banken heutzutage bestenfalls träumen. Die letzten Jahrzehnte haben schwer am glänzenden Lack, der einst hoch angesehenen Branche, gekratzt.
Skandale, Pleiten, Prozesse und Milliardenstrafen hinterlassen nun einfach mal wesentlich stärkere Impressionen in den Köpfen als jede noch so gute Eigenwerbung. Möglicherweise erhofft sich die Branche ein besseres Image gerade bei jungen Zielgruppen und technologisch versierten, indem sie nun auf Start-ups und FinTechs setzt. Am Ende des Tages wird sich aber, um das Bild der Branche wieder gerade zu rücken, einiges ändern müssen – insbesondere in den Bereichen Transparenz und Stabilität.
Harmonisierung und mehr Transparenz – Neue Regelungen zum Wertpapierhandel für den Anlegerschutz
Hier bewegt sich die ING DiBa mit der jüngsten Kooperation schon einmal in eine ansprechende Richtung, indem sie es den Anlegern erleichtert, den Vermögensaufbau selbst in die Hand zu nehmen. In einer Weise versteht sich, die nur begrenzte Fachkenntnis im Bereich Finanzmathematik und -instrumente voraussetzt.
In der Anlageberatung hat es mit MiFID eine EU-weite Harmonisierung der Standards zum Wertpapierhandel gegeben, die den Anlegerschutz verpflichtend und effektiv auf die Tagesordnung geschrieben hat. (Wirtschaftslexikon Gabler)
Durch Anlageberatungs- und Portfolio-Management-Tools wird die tatsächliche Vermögensverwaltung sowohl für den Vermögensverwalter, als auch für den Anleger einfacher und übersichtlicher. So auch die Einhaltung, der durch MiFID gebotenen Standards, die ja den Verwaltungsgesellschaften einiges an Transparenz in der Beratung und der Kostenauskunft, bezüglich der Ausführung von Wertpapiertransaktionen, auferlegt hatte.
Mit MiFID II wird nun am 3. Januar 2018 die nächste Auflage der EU-Direktive in Kraft treten, die für weitere Einschränkungen und Klarstellungen sorgen wird. (finanzen.net) Durch den Aufschub von rund 1,5 Jahren sollte den betroffenen Anbietern ausreichend Zeit eingeräumt werden, die zur erfolgreichen Umsetzung der notwendigen Standards erforderlichen technischen Weichen zu stellen.
Komplette Neuausrichtung? Die Digitalisierung erzwingt den Branchenwandel!
Nur wer sich anpassen kann wird überleben! Das darwinistische Evolutionstheorem „survival of the fittest“ passt bestens zum ökonomischen Wettbewerbsprinzip. Die Geschwindigkeit der Digitalisierung hat viele Traditionskonzerne eiskalt erwischt. Das Ausmaß der möglichen Disruption erzwingt brachial neue Konzepte und Lösungen, bietet aber auch ungeahnte Chancen.
Im traditionell weniger technisch versierten Bankensektor muss nun gehandelt werden, denn wer die Modernisierung zu lange aussitzt, wird von der Konkurrenz überholt werden – im evolutionstheoretischen Kontext spräche man vom Aussterben einer Art, aufgrund mangelnder Anpassungsfähigkeit.
Kosteneinsparung, Transparenz und besserer Service – Diese Verbesserungen werden das Zukunftsgeschäft mitgestalten
Um dies zu verhindern versuchen klassische Bankhäuser mit neuen technischen Verwaltungsmöglichkeiten, innovativen Dienstleistungen und der Automatisierung von personalintensiven Prozessen ihr Geschäft in vielen Bereichen neu aufzustellen und so ihre Position auch in den Zukunftsmärkten, durch gesteigerte Kundenattraktivität und geringere Personalkosten, zu sichern. Ein Mehr an Transparenzvorschriften und Anlegerschutzrichtlinien erschwert diese Umstellung, macht aber auch wichtige Investitionen in moderne und flexible Software- und Beratungslösungen unumgänglich, welche sich langfristig als überaus rentabel erweisen könnten.
Während manche Geldhäuser mehr auf Produktion in Eigenregie setzen, steigt das Interesse der Banken an FinTechs, die mit IT-Kompetenz und Innovation in manchen Bereichen einen gewissen Vorsprung genießen. Auf jeden Fall befindet sich die Branche im Wandel. Stellt sich nur die Frage: Wer profitiert letztlich von diesem Umbruch?