Unter Markt und Marktfolge wird in der Wirtschaft das Vier-Augen-Prinzip verstanden. Dabei wird bei der Kreditprüfung, sowie der Überprüfung von Kreditangeboten eine Betrachtungsweise aus verschiedenen Blickwinkeln angewandt.
Die beiden Begriffe stammen ursprünglich aus dem Kreditgeschäft, das durch Banken im Rechts- und Wirtschaftsverkehr abgewickelt wird. Dabei handelt es sich um zwei verschiedene Fachbereiche, die innerhalb eines Kreditinstituts entscheiden, ob eine Gewährung des Kredits durchgeführt werden kann. Das Prinzip der Trennung kommt überwiegend bei Krediten für Unternehmen oder auch Baufinanzierungen zum Einsatz, die sowohl gewerblicher als auch privater Natur sein können. Dabei findet zum einen eine Kundenbetreuung am Markt statt und zum anderen wird durch weitere interne Mitarbeiter das Risikomanagement gestreut. Hierbei muss von beiden Seiten unabhängig eine Kreditzustimmung erfolgen, bevor es zur Auszahlung kommt.
Die Trennung geht auf den Gesetzgeber zurück, der Mindestanforderungen an das Risikomanagement der Kreditinstitute (MaRisk) formuliert hat. Diese beziehen sich auf Kredit- sowie Handelsgeschäfte, die eine bestimmte Organisationsstruktur einhalten müssen. Dazu wurden bereits im Oktober 2017 von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) verbindliche Bestimmungen formuliert, die an die Kreditinstitute in einem Rundschreiben versendet wurden. Die BaFin ist dabei auch für die Überprüfung verantwortlich, dass die Regelungen eingehalten werden. Im Wesentlichen kommen dabei die EU-Richtlinie 2013/36/EU zum Einsatz, die auch als Eigenkapitalrichtlinie bezeichnet wird, sowie der § 25 a Absatz 1 des Kreditwesengesetzes (KWG).
Zielsetzung der Richtlinie ist die Abwendung von schädlichen Folgen von Banken und Bankkunden. Dies soll damit erreicht werden, dass die Kreditinstitute die Risiken aus Krediten, Entwicklungen des Marktes und dem eigenen Betrieb auf ein Minimum reduzieren. Besonders Darlehen, die komplex, hochwertig und risikobehaftet gestaltet sind, benötigen eine Beurteilung aus zwei verschiedenen Perspektiven, die unabhängig voneinander durchgeführt wird. Lediglich bei Krediten in kleinen Größenordnungen, die nicht stark risikobehaftet sind, kann eine Ausnahme vom Vier-Augen-Prinzip erfolgen.
Unter dem „Markt“ wird in Banken die Betreuung und Beratung von Kunden verstanden. Dafür sind in Filialbanken die einzelnen Geschäftsstellen bzw. Niederlassungen zuständig. Bei Online-Banken erfolgt die Beratung meist telefonisch oder schriftlich, wenn sie über keine oder nur wenige bundesweit gestreute Niederlassungen haben. Die Mitarbeiter beschäftigen sich dort mit der Akquise neuer Kunden, sowie den Vertrieb von verschiedenen Produkten und Dienstleistungsangeboten der eigenen Bank. Möchte ein Kunde beispielsweise eine Immobilienfinanzierung beantragen, führen Bankangestellte das Kreditgespräch und sorgen für eine Betreuung des Kunden vom Kreditantrag bis zur Auszahlung des Darlehens für private oder gewerbliche Finanzierungen. Dabei müssen die Kreditinstituten unter Einbeziehung ihrer Markterfahrung den Kunden auch über mögliche Risiken aufklären und eine Prüfung der Bonität des Antragsstellers durchführen, um das Eigenrisiko zu minimieren. Dabei wird nicht nur die Zahlungsfähigkeit des Kunden überprüft, sondern auch, ob das Vorhaben sich grundsätzlich als wirtschaftlich in der Zukunft erweist. Nach Abschluss dieser Überprüfungen erfolgt dann die Entscheidung, ob und zu welchen Konditionen die Kreditvergabe stattfinden kann. Beim Markt steht also die Vermittlungsarbeit der Mitarbeiter im Vordergrund, sowie die Unterstützung bei Kreditanfragen der Kreditnehmer vor Ort.
Die Marktfolge, die auch als Backoffice bezeichnet wird, ist nicht durch direkten Kundenkontakt gekennzeichnet, sondern befasst sich mit der Risikobewertung und der Rentabilität für das Kreditunternehmen. Diese werden anhand der durch den Kunden eingereichten Unterlagen und weiteren Akten vorgenommen, die für die Beurteilung herangezogen werden. Der Schwerpunkt liegt somit bei der Kreditsachbearbeitung, sowie der Kreditentscheidung. Die Mitarbeiter werden dabei anders als die Markt-Mitarbeiter geschult und befassen sich mit der Bewertung der Immobilien, der Ermittlung ihres Beleihungswerts, aber auch der Frage, wie werthaltig die Sicherheiten für das gewünschte Darlehen sind. Eine objektive Bewertung ist dabei besonders wichtig. Nur so kann in einem Insolvenzfall der ausstehende Betrag aus den Verwertungserlösen beglichen werden, sodass das Kreditinstitut nicht auf den Kosten sitzen bleibt.
Die Entscheidungen des Marktes und der Marktfolge sind beide elementar für die Zustimmung oder Ablehnung eines Kredits. In der Regel kommen beide Lager zum gleichen Ergebnis bei der Beurteilung. Bei Meinungsverschiedenheiten kann eine Ablehnung oder eine weitere Prüfung durch die Abteilungs- oder Geschäftsleitung erfolgen. Diese muss sogar bei einer bestimmten Kredithöhe in den Beurteilungsprozess mit einbezogen werden. Im Zweifel ist das Votum der Marktfolge-Mitarbeiter entscheidend, da diese sich mit dem Risikomanagement befassen.