Prokurist

Was ist ein Prokurist?

Ein Prokurist ist eine Person, der von einem Unternehmen die sogenannte Prokura erteilt wurde. Die Prokura ist eine umfassende Handlungsvollmacht, die es dem Prokuristen erlaubt, das Unternehmen rechtlich zu vertreten und für das Unternehmen rechtsverbindliche Geschäfte abzuschließen. Diese besondere Stellung macht den Prokuristen zu einer der ranghöchsten Personen innerhalb eines Unternehmens, direkt unterhalb der Geschäftsführung oder des Vorstands. Die Prokura wird oft leitenden Angestellten verliehen und signalisiert großes Vertrauen in ihre Fähigkeiten, Entscheidungen im Namen des Unternehmens zu treffen.

Der Prokurist agiert in der Regel selbstständig, muss aber in seiner Handlungsbefugnis den gesetzlichen und unternehmensinternen Beschränkungen folgen. Trotzdem ist die Prokura die umfassendste Vertretungsvollmacht, die nach deutschem Handelsrecht vergeben werden kann.

Wie wird die Prokura erteilt?

Die Prokura wird durch die Geschäftsführung oder den Vorstand eines Unternehmens erteilt. Diese Erteilung muss in das Handelsregister eingetragen werden, um rechtsgültig zu sein. Erst durch diesen Eintrag wird die Prokura offiziell wirksam und gegenüber Dritten verbindlich. Es handelt sich dabei um eine einseitige Erklärung des Unternehmens, das heißt, der Prokurist muss der Prokura nicht explizit zustimmen, aber in der Regel wird dies in einem gemeinsamen Prozess vereinbart.

Die Prokura kann nur durch die Geschäftsführung oder den Vorstand eines Unternehmens und nicht durch einen anderen Prokuristen weitergegeben werden. Sie kann zudem jederzeit widerrufen werden, wobei auch dieser Widerruf ins Handelsregister eingetragen werden muss.

Welche Befugnisse hat ein Prokurist?

Ein Prokurist hat weitreichende Befugnisse, jedoch gibt es auch klare Grenzen. Grundsätzlich darf er alle Arten von Rechtsgeschäften im Namen des Unternehmens abschließen, die im Rahmen eines Handelsgewerbes üblich sind. Dazu gehören unter anderem:

  • Abschluss von Kaufverträgen

  • Erteilung von Vollmachten

  • Einstellung und KĂĽndigung von Mitarbeitern

  • Aufnahme von Darlehen

  • Vertretung des Unternehmens vor Gericht

Ein wesentlicher Punkt dabei ist, dass der Prokurist auch dann für das Unternehmen handeln darf, wenn die Geschäftsführung abwesend oder verhindert ist. Seine Entscheidungen sind rechtlich bindend, und das Unternehmen haftet für alle Handlungen, die der Prokurist im Rahmen seiner Befugnisse tätigt.

Welche Grenzen hat die Prokura?

Trotz der weitreichenden Befugnisse gibt es auch klare gesetzliche Beschränkungen. Der Prokurist darf zum Beispiel keine Grundlagengeschäfte tätigen, die den Fortbestand des Unternehmens maßgeblich beeinflussen. Dazu zählen:

  • VeräuĂźerung oder Belastung von GrundstĂĽcken: Ein Prokurist darf keine Immobiliengeschäfte durchfĂĽhren, es sei denn, ihm wurde eine spezielle Befugnis (sogenannte „Immobilienprokura“) erteilt.

  • VeräuĂźerung des Unternehmens: Der Verkauf des Unternehmens selbst oder wesentlicher Teile davon ist dem Prokuristen nicht erlaubt.

  • Ă„nderung der Unternehmensstruktur: Der Prokurist darf nicht ĂĽber die Ă„nderung oder Auflösung des Unternehmens entscheiden.

  • Insolvenz: Der Prokurist ist nicht befugt, fĂĽr das Unternehmen Insolvenz anzumelden.

Auch innerhalb des Unternehmens kann die Geschäftsführung weitere Beschränkungen festlegen. Diese internen Regelungen sind jedoch für Dritte, die mit dem Prokuristen Verträge abschließen, nicht immer ersichtlich, da die Vollmacht in der Außenwirkung nur in den gesetzlichen Grenzen gilt.

Welche Arten der Prokura gibt es?

Die Prokura kann in verschiedenen Formen erteilt werden, die sich in Umfang und Befugnissen unterscheiden. Eine häufige Form ist die Einzelprokura, bei der der Prokurist alleine und ohne Zustimmung anderer handeln darf. Er kann sämtliche Geschäfte und Rechtsgeschäfte des Unternehmens abwickeln, soweit diese im Rahmen des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs liegen. Diese Art der Prokura verleiht dem Prokuristen eine besonders weitreichende Entscheidungsfreiheit, was vor allem in kleineren oder mittelständischen Unternehmen verbreitet ist.

Eine weitere Form ist die Gesamtprokura, bei der mehrere Prokuristen nur gemeinsam handlungsfähig sind. Das bedeutet, dass sie Entscheidungen und Verträge nur zusammen mit einem anderen Prokuristen oder sogar zusammen mit einem Geschäftsführer unterzeichnen dürfen. Diese Form der Prokura wird oft in größeren Unternehmen eingesetzt, um die Verantwortung auf mehrere Personen zu verteilen und das Risiko von Fehlentscheidungen zu minimieren.

Die Filialprokura ist hingegen eine eingeschränkte Form der Prokura, die sich nur auf eine bestimmte Niederlassung oder Filiale eines Unternehmens bezieht. Der Prokurist darf in diesem Fall nur für den Standort handeln, für den ihm die Vollmacht erteilt wurde. Diese Art der Prokura ist besonders nützlich für große Unternehmen mit mehreren Standorten, die eine dezentrale Führung praktizieren möchten.

Alle diese Prokura-Arten bieten dem Unternehmen Flexibilität, um die Vertretungsbefugnisse je nach Größe, Struktur und Bedarf optimal zu steuern.

Was unterscheidet den Prokuristen von einem Geschäftsführer?

Auf den ersten Blick könnten Prokurist und Geschäftsführer ähnliche Aufgabenbereiche haben, doch es gibt wesentliche Unterschiede. Der Geschäftsführer oder Vorstand ist das gesetzliche Vertretungsorgan des Unternehmens und trägt die oberste Verantwortung für die Unternehmensführung. Der Prokurist hingegen ist lediglich ein Vertreter der Geschäftsführung, der zwar umfangreiche Befugnisse hat, jedoch den Weisungen der Geschäftsführung unterliegt.

Ein weiterer Unterschied besteht in der Haftung. Während Geschäftsführer persönlich für Fehlentscheidungen haften können, ist die Haftung des Prokuristen meist auf vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten beschränkt. Dies gibt dem Prokuristen eine gewisse Sicherheit, mindert jedoch nicht die Verantwortung, die er für seine Handlungen trägt.

Welche Verantwortung trägt ein Prokurist?

Ein Prokurist hat eine erhebliche Verantwortung gegenüber dem Unternehmen und dessen Gesellschaftern. Er muss stets im besten Interesse des Unternehmens handeln und darf die ihm erteilten Befugnisse nicht missbrauchen. Bei Verstößen gegen diese Sorgfaltspflicht drohen rechtliche Konsequenzen, bis hin zur persönlichen Haftung.

Vor allem bei finanziellen Entscheidungen muss der Prokurist mit besonderer Umsicht handeln, da das Unternehmen für alle Handlungen des Prokuristen haftet, solange sie im Rahmen der Prokura erfolgen. Im Falle eines Missbrauchs der Prokura kann der Prokurist aber auch persönlich haftbar gemacht werden.

Welche Vorteile bietet ein Prokurist fĂĽr das Unternehmen?

Die Ernennung eines Prokuristen bringt für Unternehmen zahlreiche Vorteile mit sich. Ein entscheidender Vorteil ist die Entlastung der Geschäftsführung. Durch die Erteilung der Prokura kann die Geschäftsführung operative Aufgaben delegieren und sich stärker auf strategische oder langfristige Entscheidungen konzentrieren. Der Prokurist übernimmt eigenständig zahlreiche geschäftliche Tätigkeiten, was den Alltag im Unternehmen effizienter gestaltet.

Ein weiterer Vorteil ist die schnellere Entscheidungsfindung. Da der Prokurist im Rahmen seiner Befugnisse ohne Rücksprache handeln darf, können Geschäftsentscheidungen zeitnah getroffen werden. Dies ist besonders in dynamischen Märkten oder bei dringenden Geschäftsvorfällen von Vorteil, wenn schnelle Reaktionen erforderlich sind.

Zudem ermöglicht ein Prokurist dem Unternehmen mehr Flexibilität. Sollte die Geschäftsführung abwesend oder anderweitig eingebunden sein, kann der Prokurist weiterhin wichtige Entscheidungen treffen und das Tagesgeschäft ohne Unterbrechung fortführen. Das erhöht die Handlungsfähigkeit und stellt sicher, dass das Unternehmen auch in herausfordernden Situationen betriebsfähig bleibt. Durch diese Vorteile gewinnt das Unternehmen an Effizienz und kann seine Prozesse optimal gestalten.

Zusammenfassung

Der Prokurist spielt eine wichtige Rolle in der Unternehmenswelt, da er mit umfassenden Befugnissen ausgestattet ist, um das Unternehmen rechtlich zu vertreten. Die Prokura gibt ihm die Macht, in vielen Bereichen eigenständig Entscheidungen zu treffen, was die Geschäftsführung entlastet und die Handlungsfähigkeit des Unternehmens erhöht. Dennoch muss die Auswahl eines Prokuristen gut überlegt sein, da er eine große Verantwortung trägt und bei Missbrauch erhebliche Risiken für das Unternehmen bestehen. Die verschiedenen Arten der Prokura bieten Flexibilität, um die Vertretungsvollmacht optimal an die Unternehmensstrukturen anzupassen.

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