Factoring: So wählen Sie das richtige Angebot

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26. Februar 2021

Die Zahlungsmoral ist zurzeit schlecht. Factoring hilft dem Mittelstand, trotz verspätet oder nicht gezahlter Rechnungen liquide zu bleiben. Wir zeigen Ihnen, worauf es bei der Auswahl des passenden Factoringangebots ankommt.

Vergleichen von Zahlen

Jeder zehnte Geschäftskunde zahlt massiv zu spät oder gar nicht. Eine Analyse der Wirtschaftsauskunftei Crif Bürgel zeigt, dass die Zahlungsmoral im B2B-Geschäft Ende 2020 einen Tiefststand erreichte. Überfällige Rechnungen wurden letzten Dezember mit einer durchschnittlichen Verzögerung von 35,5 Tagen bezahlt. Damit stieg der Zahlungsverzug seit Jahresbeginn um ganze neun Tage. Für viele Mittelständler sind die Zahlungsprobleme ihrer Kunden ein großes Problem. Sie verfügen oft nur über ein knappes Liquiditätspolster und die Banken halten sich mit Überbrückungskrediten an KMU zurück. Deshalb führen nicht oder verspätet gezahlte Rechnungen schnell zu einem gefährlichen Liquiditätsengpass.

Factoring verhindert Liquiditätsengpass und verbessert Kreditwürdigkeit

Um zu verhindern, dass ihnen die flüssigen Mittel ausgehen, setzen mittelständische Betriebe vermehrt auf Factoring. So nahm das Factoringvolumen im Mittelstand während des ersten Halbjahres 2020 gegen über dem Vorjahreszeitraum um 5,3 Prozent zu. Factoring bedeutet, dass ein Unternehmen seine Außenstände an eine Finanzierungsgesellschaft (den Factor) verkauft. Durch den Forderungsverkauf sichert es sich einen schnellen und regelmäßigen Liquiditätszufluss. Das Risiko von Zahlungsausfällen lagert es dabei vollständig an den Factor aus. Dieser übernimmt zudem die Debitorenprüfung und entlastet seinen Kunden – falls gewünscht – beim Forderungsmanagement.

Indem das Factoring die Liquiditätsplanung erleichtert, vergrößert es sodann den Spielraum zum Schuldenabbau. Das heißt, der Forderungsverkauf leistet indirekt einen Beitrag zur Erhöhung der Eigenkapitalquote und damit zur Stärkung der Kreditwürdigkeit. Factoringnehmer können den verbesserten Cashflow auch dazu nutzen, Skontoerträge zu generieren oder ihren Kunden längere Zahlungsziele anzubieten. Wer in der Lage ist, großzügige Zahlungsmodalitäten zu offerieren, hat im Hinblick auf die derzeit angespannte Wirtschaftslage einen nicht zu unterschätzenden Wettbewerbsvorteil.

Worauf Sie vor Vertragsschluss achten sollten

Um von den vielseitigen Vorteilen des Factorings zu profitieren, müssen kleine und mittlere Unternehmen bei der Auswahl des richtigen Factoringangebots jedoch einige Punkte beachten.

1. Das richtige Factoringmodell wählen

Zunächst ist es wichtig, sich über die eigenen Bedürfnisse im Klaren zu sein. Kleinere Unternehmen haben beispielsweise oft Mühe mit dem Eintreiben ihrer Außenstände. Sie wählen am besten das Full-Service-Factoring, bei dem der Factor neben der Rechnungsfinanzierung und der Absicherung gegen Zahlungsausfälle auch das Forderungsmanagement übernimmt.

Hat eine Firma einen überdurchschnittlich zuverlässigen Kundenstamm, bei dem kaum Zahlungsausfälle zu erwarten sind, kann sie dagegen auf den Ausfallschutz und alle anderen Zusatzleistungen verzichten. In einem solchen Fall genügt das unechte Factoring, die Minimalvariante des Forderungsverkaufs, die sich ausschließlich auf die Finanzierungsfunktion beschränkt.

Manche Unternehmen wollen vermeiden, dass ihre Kunden von der Forderungsabtretung erfahren. Für sie eignet sich das stille Factoring, bei dem die Rechnungen keinen Abtretungsvermerk enthalten und das Rechnungskonto weiterhin auf den Namen des Factoringnehmers läuft. Stilles Factoring ist allerdings teurer als das offene Factoring und erfordert eine gute Bonität.

Neben den erwähnten Factoringmodellen gibt es noch zahlreiche weitere Varianten, darunter:

  • Inhouse-Factoring

  • Fälligkeitsfactoring

  • Ausschnittsfactoring

  • Export- oder Importfactoring

2. Einen zuverlässigen Anbieter finden

Hat sich ein Unternehmen für ein Factoringmodell entschieden, geht es darum, einen zuverlässigen Anbieter zu wählen. Das Factoringgeschäft ist ein Wachstumsmarkt und überall, wo es Geld zu verdienen gibt, tummeln sich auch ein paar schwarze Schafe. Nicht selten erkennt man sie an einem unprofessionell gestalteten Internetauftritt, der kein vollständiges Impressum oder keine Datenschutzerklärung enthält. Seriöse Anbieter hingegen sind transparent. Auf ihrer Website finden sich sowohl Adresse und Kontaktangaben als auch umfassende Informationen zu den angebotenen Leistungen.

Ein guter Hinweis auf die Vertrauenswürdigkeit eines Anbieters ist außerdem die Mitgliedschaft in einem Fachverband. In Deutschland gibt es zwei Verbände, den Deutschen Factoring-Verband und den Bundesverband Factoring für den Mittelstand. Einen weiteren Anhaltspunkt bieten die Kundenbewertungen auf Bewertungsportalen. Zu berücksichtigen ist ferner, dass sich einzelne Factoringanbieter auf bestimmte Branchen spezialisiert haben und folglich über Detailkenntnisse verfügen, die die Zusammenarbeit mit ihnen erheblich vereinfachen.

3. Auszahlungsgeschwindigkeit: Speed is King

Factoring dient dazu, den Zahlungseingang bei Forderungen aus Lieferungen und Leistungen zu beschleunigen. Eines der wichtigsten Kriterien zur Wahl eines Anbieters ist mithin die Auszahlungsgeschwindigkeit. Die meisten Factoringanbieter benötigen für die Überweisung des Forderungsbetrags 24 bis 48 Stunden. Nach Vertragsschluss vergehen im Schnitt zwei bis drei Tage bis zur ersten Auszahlung.

Viele Unternehmen entscheiden sich erst dann für Factoring, wenn die Liquidität bereits knapp ist. Entscheidend ist daher auch die Dauer zwischen der Vertragsanfrage und dem Abschluss eines Factoringvertrags. In dieser Disziplin punkten vor allem die digitalen Factoringanbieter. Sie verlassen sich vornehmlich auf die elektronische Auswertung von Big Data und benötigen deswegen für die Prüfung eines Neukunden weniger Unterlagen als klassische Anbieter. Dementsprechend ist die Vertragsanbahnungsphase bei ihnen deutlich kürzer.

4. Digital oder klassisch?

Der höhere Automatisierungsgrad digitaler Factoringlösungen senkt außerdem die Transaktionskosten pro angekaufter Rechnung. Deshalb sind die Anbieter von Online-Modellen in der Lage, auch Kleinbeträge aufzukaufen, während traditionelle Factoringunternehmen Rechnungen erst ab einem Mindestbetrag von typischerweise 200 Euro annehmen.

Darüber hinaus verzichten viele Online-Anbieter auf ein Mindestvolumen und stellen tiefere Anforderungen an die Umsatzzahlen des Factoringnehmers. Meist genügt schon ein Jahresumsatz von 50.000 Euro. Aus diesen Gründen eignen sich digitale Factoringlösungen namentlich für kleinere Mittelständler und Selbstständige, die bei herkömmlichen Anbietern keine Chance haben. Für große Unternehmen haben die digitalen Angebote dagegen oft zu tiefe Limits.

5. Kosten vermeiden

Ein wesentlicher Punkt bei der Auswahl eines Factoringangebots sind die Kosten. Leider lassen sie sich schwer vergleichen, zumal sie von verschiedenen Faktoren wie der Umsatzhöhe, der Anzahl der verkauften Forderungen oder der Bonität der Debitoren abhängen. Grundsätzlich setzen sich die Factoringkosten aus folgenden Elementen zusammen:

  • Factoringgebühr

  • Zinsen

  • Limitprüfgebühr

Die Factoringgebühr wird pro verkaufter Rechnung erhoben und beträgt je nach Factoringmodell, Branche, Umsatz, Debitoren- und Rechnungsstruktur zwischen 0,25 und 1 Prozent des Rechnungsbetrags. Bei geringen Rechnungsumsätzen sind bis zu 5 Prozent möglich. Der Factoringzins ist vergleichbar mit dem Sollzins eines Kontokorrentkontos. Er wird taggenau abgerechnet und beträgt zwischen 2,5 und 7 Prozent der ausstehenden Forderungssumme. Die Limitprüfgebühr dient der Abgeltung der Debitorenprüfung durch den Factor. Sie variiert zwischen 10 und 60 Euro pro Debitor und Jahr.

6. Sicherheitseinbehalt reduziert den Auszahlungsbetrag

Im Übrigen behalten viele Anbieter zunächst einen Teil der finanzierten Forderungssumme zurück, um sich gegen Mängeleinreden oder Rabattabzüge der Debitoren abzusichern. Die Höhe des Sicherheitseinbehalts liegt normalerweise bei 10 bis 20 Prozent des Rechnungsbetrags. Das Geld wird spätestens nach der Zahlung durch den Debitor an den Factoringnehmer überwiesen. Mittlerweile gibt es indes immer mehr Factoringanbieter, die auf den Sicherheitseinbehalt verzichten und die eingereichten Rechnungen zu hundert Prozent bevorschussen.


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