Leasing ist für den Mittelstand eine wichtige Möglichkeit, die Liquidität zu schonen und die Abhängigkeit von Banken zu verringern. Schon die Babylonier und die alten Griechen waren von den Vorteilen dieser Finanzierungsform überzeugt.
Nein, Autos kannten die Babylonier noch nicht. Dennoch waren sie sozusagen die Pioniere des Kfz-Leasings. Dem Codex Hammurabi, einer 3800 Jahre alten Gesetzessammlung, lässt sich nämlich entnehmen, dass in Babylonien bereits Ochsen als Zugtiere vermietet wurden. Der Codex Hammurabi regelt nicht nur den Mietpreis (720 Liter Getreide pro Jahr), sondern auch die Haftung im Schadensfall. Wurde ein gemieteter Ochse von einem Löwen gerissen, hatte der Eigentümer den Schaden selbst zu tragen. Starb der Ochse jedoch wegen Vernachlässigung durch den Mieter, war dieser verpflichtet, das Tier zu ersetzen. War eine Krankheit der Grund für den Tod, musste der Mieter vor einem Gott seine Unschuld beschwören.
Auch im antiken Griechenland waren leasingähnliche Vertragsverhältnisse bekannt. Vermietet wurden unter anderem Sklaven und ganze Unternehmen. Zum Beispiel verpachtete die Regierung von Athen eine staatliche Erzmine. Der Pächter erhielt die Schürfrechte auf Lebenszeit und musste dem Staat dafür vier Prozent seines Gewinns abliefern. Erzgewinnung und Metallverarbeitung waren in vorindustriellen Zeiten aufwendige und arbeitsintensive Prozesse. Entsprechend teuer waren Erzeugnisse wie ein eiserner Schiffsanker. Venezianische Schiffseigner behalfen sich im frühen Mittelalter damit, den Anker lediglich für die Dauer einer Seereise zu mieten und ihn anschließend dem Eisenschmied zurückzugeben.
Teurer als der Anker ist natürlich das Schiff selbst. Was läge also näher, als ganze Schiffe zu mieten? Tatsächlich war das Chartern von Schiffen im mittelalterlichen Nordeuropa so verbreitet, dass die Skandinavier eigens Vorschriften für die Schiffsmiete aufstellten. Darin legten sie unter anderem fest, dass die Charterverträge erst mit Sonnenaufgang in Kraft treten. Die Bedenkzeit sollte die finanziell meist unterlegenen Mieter vor unüberlegten Wagnissen schützen.
Wie die Schifffahrt war der Bau der ersten Eisenbahnlinien im 19. Jahrhundert eine kapitalintensive Angelegenheit. In den Vereinigten Staaten entstanden daher Unternehmen, die den Eisenbahngesellschaften Bahnwagen und andere Ausrüstungsgegenstände vermieteten. Die Mietverträge waren dem heutigen Leasing schon sehr ähnlich. So gingen die Mietobjekte nach einer bestimmten Zeit automatisch oder nach Bezahlung des Restwertes ins Eigentum der Bahngesellschaften über.
Die ersten Verträge, die offiziell als „Leasing“ bezeichnet wurden, stammen ebenfalls aus den USA: Um das Geschäft mit dem damals neu erfundenen Telefon anzukurbeln, entschied die Bell Telephone Company 1877, ihre Apparate zu vermieten, statt zu verkaufen. Die Telefonmiete kostete einen Privathaushalt jährlich 20 US-Dollar. Dies war viel Geld für eine Zeit, in der ein Durchschnittsamerikaner weniger als 500 Dollar pro Jahr verdiente.
Bald folgten dem Beispiel der Bell Telephone Company weitere Unternehmen. Sie sahen in der Produktvermietung vor allem ein Instrument der Kundenbindung, das ihnen eine marktbeherrschende Stellung sichern sollte. Oft boten die Hersteller ihren Kunden deshalb gar keine Kaufmöglichkeit. Ab 1942 engagierte sich mit General Motors einer der ersten Autobauer im Leasinggeschäft.
Bis zum Beginn der Fünfzigerjahre wurde der Leasingmarkt von den Herstellern dominiert. Die erste unabhängige Leasinggesellschaft entstand 1952. Henry Schoenfeld, damals Manager eines kalifornischen Lebensmittelverarbeiters, benötigte dringend einen Gabelstapler, konnte ihn aber nicht finanzieren. Ein Händler bot ihm an, ihm ein Fahrzeug zu vermieten. Als gewiefter Geschäftsmann erkannte Schoenfeld sogleich das Potenzial hinter der Vermietung von Ausrüstungsgegenständen und gründete mit drei Kollegen die U.S. Leasing Corporation. Das Beispiel machte in den USA Schule. Innerhalb von weniger als fünfzehn Jahren entstanden zwei Dutzend weitere Leasinggesellschaften.
1962 gründete der Unternehmer und Wirtschaftsprofessor Albrecht Dietz die Deutsche Leasing GmbH und brachte damit die Idee des herstellerunabhängigen Leasings in die Bundesrepublik. Das erste Objekt, das die Gesellschaft finanzierte, war eine Registrierkasse der Marke Sweda. Am Anfang lief das Leasinggeschäft in Deutschland harzig. Es stand das Vorurteil im Raum, Leasing sei bloß ein Rettungsanker für finanziell angeschlagene Unternehmen. Der Durchbruch kam in den Siebzigerjahren, als sich der Mittelstand zunehmend mit der Herausforderung konfrontiert sah, teure Datenverarbeitungsanlagen zu beschaffen. Bis zum Ende des Jahrzehnts wuchs das Leasingvolumen um satte 800 Prozent.
Heute ist ein Geschäftsalltag ohne Leasing kaum noch vorstellbar. Über die Hälfte aller außenfinanzierten Investitionen beruht auf dieser Finanzierungsform. Letztes Jahr generierte die Leasingbranche Investitionen von mehr als 60 Milliarden Euro. Unternehmer schätzen am Leasing, dass es die Liquidität und bestehende Kreditlinien schont. Denn die Kosten des Leasings fallen in der Regel erst an, wenn das Leasingobjekt bereits Erträge abwirft. Durch die Verstetigung des Cashflows verschafft das Leasing dem Unternehmen Planungssicherheit. Es erlaubt ihm zudem, seine Infrastruktur stets auf dem aktuellen Stand zu halten. Davon abgesehen profitieren Leasingnehmer oft von Zusatzleistungen wie IT- oder Fuhrparkmanagement.