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Autoindustrie: So finden Zulieferer auf die Erfolgsstraße zurück

Die Autozulieferer stehen vor einer Zeitenwende. Der Umstieg auf elektrische Antriebssysteme und die Digitalisierung stellen die Branche vor enorme Herausforderungen. Die Corona-Pandemie macht ihre Lage noch schwieriger. Denn wegen der krisenbedingten Umsatzausfälle fehlt vielen mittelständischen Zulieferbetrieben das Kapital für Investitionen.

Es ist ein schlechter Start ins neue Jahr. Im Januar und Februar liefen in den deutschen Autowerken 23 Prozent weniger Fahrzeuge vom Band als im Vorjahreszeitraum. Die Exporte gingen ebenfalls um 23 Prozent zurück. Der Grund für den massiven Einbruch liegt in der nach wie vor nicht bewältigten Corona-Pandemie. Als wäre dies nicht genug, kämpft die Autoindustrie auch mit Lieferengpässen bei den Mikrochips. Experten schätzen, dass der Mangel an Halbleiterelementen in der ersten Hälfte des laufenden Jahres den Bau von bis zu vier Millionen Fahrzeugen verhindern wird.

Technologischer Wandel beschleunigt sich

Der Wirtschaftsprüfer PwC rechnet aufgrund der aktuellen Krisensituation in der Autoindustrie bis zum Jahr 2023 mit einem weltweiten Umsatzverlust von 680 bis 880 Milliarden Euro. Dies ist ein großes Problem. Denn der kräftezehrende Transformationsprozess in Richtung Elektromobilität und Digitalisierung wurde durch die Covid-Krise nicht etwa verlangsamt. Im Gegenteil. In den ersten beiden Monaten dieses Jahres wurden in Deutschland ganze 136 Prozent mehr Elektroautos und Plug-in-Hybride zugelassen als in den Vorjahresmonaten. Mittlerweile verfügt bundesweit jeder fünfte neu verkaufte Pkw über einen Elektroantrieb.

Darum stellt sich die Frage: Wie können Zulieferbetriebe trotz der aktuellen Schwierigkeiten mit dem technologischen Wandel mithalten? Die Unternehmensberatung Roland Berger und die US-Investmentbank Lazard identifizieren in ihrer Studie „Global Automotive Supplier Study 2020“ vier Erfolgsstrategien, die sich bereits in der Finanzkrise von 2008 bewährten:

  • das Streben nach Markt- und Technologieführerschaft
  • die Fokussierung auf ein kohärentes Produktportfolio, das Synergien ermöglicht
  • die Sicherung des Zugangs zu den Kapitalmärkten durch den Ausbau der Unternehmensgröße
  • eine leistungsorientierte Unternehmenskultur

Bewährte Erfolgsstrategien

Daraus leiten die Studienverfasser je nach Größe und Marktposition eines Zulieferbetriebs unterschiedliche Handlungsempfehlungen ab. Marktmächtigen Unternehmen empfehlen sie, an margenstarken Altprodukten wie Einspritzsystemen oder Turboladern festzuhalten und den Ertrag in Zukunftstechnologien zu investieren – selbst wenn diese momentan noch keinen Gewinn abwerfen.

Kleinen und mittleren Anbietern raten die Experten, ihre Produktpalette stärker zu fokussieren und Geschäftsbereiche, bei denen keine Synergien zum Kerngeschäft bestehen, abzustoßen. Die Empfehlung gilt nicht nur für Komponenten des Verbrennungsmotors, sondern auch für Zukunftsbereiche, wie Felix Mogge, einer der Studienautoren und Automotive-Experte bei Roland Berger, gegenüber dem Handelsblatt ausführt. Entscheidend sei lediglich, ob ein Zulieferer die Chance sehe, beim fraglichen Produkt eine marktrelevante Stellung zu erreichen.

Viele mittelständische Unternehmen sind nach wie vor ausschließlich in herkömmlichen Geschäftsfeldern tätig. Ihnen rät Mogge eher davon ab, jetzt noch in Transformationsbereiche zu investieren. Der Rückstand auf die Marktführer sei nicht mehr aufzuholen. Als Alternative schlägt er den betroffenen Unternehmen vor, durch Übernahmen und Partnerschaften Synergien im angestammten Tätigkeitsbereich zu schaffen.

Banken halten sich zurück

Allerdings ist der aktuelle Zeitpunkt für die Finanzierung von Investitionen und Übernahmen denkbar schlecht. Laut Schätzung der Berger-Lazard-Studie halbierte sich die operative Gewinnmarge der Autozulieferer im letzten Jahr von 5,1 Prozent auf 2,3 bis 2,8 Prozent. Die Nettoverschuldung wuchs dagegen je nach Betriebsgröße auf das Drei- bis Viereinhalbfache des EBITDA an. Die Banken, die ihre Kreditvergabe an die Autoindustrie schon vor der Corona-Krise zurückfuhren, dürften angesichts dieser Zahlen mit Engagements bei Zulieferbetrieben noch vorsichtiger werden.

Warten auf Besserung ist angesichts der großen Herausforderungen indessen keine Option. Unternehmen aus der Zulieferbranche müssen sich dringend nach alternativen Finanzierungslösungen umsehen. Größeren Zulieferern mit starker Marktpositionierung bietet sich zum Beispiel die Möglichkeit eines IPO. Die Voraussetzungen für einen Börsengang sind gut. Im letzten Jahr gab es nach Angaben des Steuerberatungs- und Prüfungsunternehmens EY weltweit 1322 Börsengänge. Das Emissionsvolumen war mit 263 Milliarden US-Dollar auf dem höchsten Stand seit 2010.

Investieren dank alternativer Finanzierungsmethoden

Für kleine und mittlere Zulieferbetriebe, die keinen direkten Zugang zu den Kapitalmärkten haben, empfiehlt sich die Aufnahme von Mezzanine-Kapital. Mezzanine-Finanzierungen sind steuerlich absetzbar, gelten jedoch in wirtschaftlicher Hinsicht als Eigenkapital. Dadurch führen sie zu einer Bonitätsverbesserung und erleichtern die Kreditaufnahme. Im Gegensatz zu einer echten Eigenkapitalfinanzierung führt eine Mezzanine-Finanzierung weder zu einer Kapitalverwässerung noch zu einer Einschränkung des Stimmrechts der bisherigen Anteilseigner.

Eine weitere Möglichkeit, Investitionskapital ohne Rückgriff auf eine Bankfinanzierung zu beschaffen, ist das Sale-and-Lease-back. Ein Sale-and-Lease-back lässt sich beispielsweise für eine Übernahmefinanzierung verwenden. Das heißt, der Erwerber finanziert einen Teil des Kaufpreises, indem er Assets des übernommenen Unternehmens an eine Leasinggesellschaft verkauft und sogleich wieder zurückleast. Sale-and-Lease-back ist weitgehend bonitätsunabhängig und taugt daher auch als Rettungsfinanzierung im Insolvenzfall.

Finetrading und Factoring: Genügend Liquidität trotz Krise

Wie das Beispiel der fehlenden Mikrochips zeigt, gibt es zurzeit erhebliche Lieferstörungen. Autozulieferer müssen deshalb ihre Lagerbestände erhöhen, was ihre ohnehin angeschlagene Liquidität weiter schwächt und Investitionen erschwert. Ein bewährtes Mittel, die Kapitalbindung durch die Vorratshaltung zu reduzieren, ist das Finetrading. Bei dieser Finanzierungsvariante klinkt sich der Finanzierer in die Vertragsbeziehung zwischen dem Warenkäufer und dessen Lieferanten ein. Er verlängert das Zahlungsziel für den Käufer um bis zu 120 Tage und gewährleistet gleichzeitig die schnelle Bezahlung des Lieferanten. Das Finetrading lässt sich auch zur Nachfinanzierung schon vorhandener Lagerbestände nutzen.

Geht es darum, die Liquiditätssituation zu verbessern, lohnt sich zudem der Rechnungsverkauf mittels Factoring. Autozulieferer sind oft von wenigen Großkunden abhängig, denen sie aus Konkurrenzgründen lange Zahlungsziele einräumen müssen. Indem sie ihre Rechnungsforderungen an eine Factoringgesellschaft veräußern, gelangen sie rasch an ihr Geld und sichern sich zusätzlich gegen Zahlungsausfälle ab.

Finanzierung.com – Ihr Ansprechpartner für die erfolgreiche Finanzierung von Zukunftsinvestitionen

Die Autobranche befindet sich in einem historischen Transformationsprozess. Doch derzeit ist Sand im Getriebe. Die Corona-Pandemie hat viel Kapital zerstört, das für Investitionen in neue Technologien und strategische Unternehmenszukäufe notwendig wäre. Da die Banken sich weigern, in die Bresche zu springen, sind unkonventionelle Finanzierungslösungen gefragt. Einige Lösungsansätze haben wir Ihnen in diesem Artikel vorgestellt. Falls gewünscht, erörtern die Experten von Finanzierung.com im persönlichen Gespräch mit Ihnen weitere Finanzierungsvarianten und suchen nach der besten Lösung für Ihr Unternehmen. Es wäre uns eine Freude, dazu beizutragen, dass Ihr Unternehmen als Gewinner aus dem Transformationsprozess hervorgeht.

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