Die deutsche Wirtschaft schwächelt. In den Auftragsbüchern der Industrie herrscht Ebbe. Ist dies der Anfang einer neuen Wirtschaftskrise?
Lange lief es in der deutschen Wirtschaft wie geschmiert. Doch nun ist Sand im Getriebe. Im zweiten Quartal schrumpfte das Bruttoinlandsprodukt um 0,1 Prozent. Viele Ökonomen vermuten, dass das Wachstum auch im dritten Quartal nachließ. Trifft dies zu, befindet sich Deutschland offiziell in einer Rezession. Betroffen ist vor allem das verarbeitende Gewerbe, bei dem die Auftragseingänge bereits in den ersten drei Monaten um 4,2 Prozent zurückgingen. Besonders schwierig ist die Situation in der Autobranche. Nach einem Einbruch von 9,3 Prozent im letzten Jahr sank die Fahrzeugproduktion dieses Jahr um weitere neun Prozent. Zulieferbetriebe wie Continental, Schaeffler und Bosch müssen deshalb Personal abbauen und Werke schließen.
Handelsstreitigkeiten hemmen Investitionen
Ist dies der Beginn einer größeren Krise oder handelt es sich nur um eine kurzfristige Wachstumsdelle? Eine mögliche Antwort liefert die soeben in ihrer Herbstausgabe erschienene Gemeinschaftsdiagnose der führenden Wirtschaftsforschungsinstitute. Die Wirtschaftsforscher verorten den Grund für die konjunkturelle Abkühlung hauptsächlich in den weltweiten Handelsstreitigkeiten. Der Konflikt zwischen den Vereinigten Staaten und China ließ die US-Exporte ins Reich der Mitte während der ersten Jahreshälfte um 18 Prozent einbrechen. Im selben Zeitraum verringerten sich die chinesischen Ausfuhren nach Amerika um zwölf Prozent. Die Europäische Union befindet sich mit den Amerikanern ebenfalls in einem Handelsdisput. Erst kürzlich verhängte Präsident Trump neue Strafzölle auf europäische Produkte, darunter Flugzeuge, Flugzeugteile, Wein, Olivenöl und Käse.
Die zunehmenden Zollkonflikte und der um sich greifende Protektionismus sorgen für große Verunsicherung. Unsicherheit schafft auch der Brexit. Trotz des neuen Deals zwischen Großbritannien und der EU weiß derzeit niemand, ob, wann und in welcher Form er stattfinden wird. Die unübersichtliche Weltlage veranlasst viele Unternehmen, wichtige Investitionen zurückzustellen. Angesichts der starken Stellung, die die Investitionsgüterindustrie hierzulande hat, ist der Schaden für die deutsche Wirtschaft besonders groß. Dazu kommen die Probleme der Autoindustrie. Die Wunden, die der Dieselskandal hinterlassen hat, sind noch nicht verheilt. Mit der zunehmenden Elektromobilität steht den Autoherstellern und ihren Zulieferbetrieben außerdem ein harter Strukturwandel bevor. Dass Donald Trump mit neuen Autozöllen droht, macht ihre Situation nicht leichter.
Erholung wahrscheinlich
Die Schwierigkeiten der Industrie hatten bisher keine Auswirkungen auf den Konsum. Zurzeit herrscht Vollbeschäftigung und die Löhne sind dieses Jahr kräftig gestiegen. Gut laufen die Geschäfte auch in der Dienstleistungsbranche. Bei den unternehmensnahen Dienstleistungen zeigen sich indes erste Bremsspuren.
Dennoch gehen die Konjunkturforscher in ihrer Gemeinschaftsdiagnose nicht von einer schweren Wirtschaftskrise aus. Für das gesamte Jahr 2019 sagen sie ein Wachstum von einem halben Prozent voraus – 0,3 Prozentpunkte weniger als in ihrer Frühjahrsprognose. Im nächsten Jahr soll die Wirtschaft dank einer Stabilisierung des Welthandels bereits wieder um 1,1 Prozent zulegen. Bis 2024 pendelt sich das Wachstum gemäß Vorhersage auf einem Niveau von 1,2 Prozent pro Jahr ein, was ungefähr dem langfristigen Potenzialwachstum entspricht.
Die Treffsicherheit der Prognose wird jedoch durch erhebliche Risiken belastet. Allein durch einen harten Brexit würde die deutsche Wirtschaftsleistung bis zu 0,4 Prozentpunkte einbüßen. Die Handelskonflikte können sich jederzeit zuspitzen und die stark gestiegenen Löhne bergen die Gefahr, dass es zu einer Entlassungswelle kommt, was den Konsum beeinträchtigt. Davon abgesehen geben die Verfasser der Gemeinschaftsdiagnose zu bedenken, dass sich die Effekte des Strukturwandels in der Autoindustrie schwer abschätzen lassen.
Bei Verschärfung der Rezession droht Kreditklemme
Sollte sich der Abschwung wider Erwarten verschärfen, wäre mit erheblichen Auswirkungen auf die Banken zu rechnen. Schon heute sind die deutschen Geldhäuser, deren Geschäftsmodell zur Hauptsache auf Zinsüberschüssen beruht, wenig profitabel. Eine krisenbedingte Zunahme der Kreditausfälle würde ihre Situation zusätzlich verschlechtern. Dementsprechend dürfte eine weitere Eintrübung der Konjunktur zu einer deutlichen Straffung der Kreditvergabe führen. Mittelständische Unternehmen sollten darum die Krisentauglichkeit ihrer Finanzierungsstruktur rechtzeitig überprüfen.
Solange die Finanzinstitute bereitwillig Kredite vergeben, lohnt es sich, weiterhin von den tiefen Zinsen zu profitieren, wobei eine langfristige Zinsfestschreibung zu empfehlen ist. Vor dem Abschluss eines neuen Kreditvertrags holen Unternehmer mit Vorteil mehrere Offerten ein. Denn nicht immer bietet die Hausbank die besten Konditionen. Ohnehin wäre es gefährlich, sich auf einen einzigen Anbieter zu fokussieren. Im Krisenfall wäre der Gläubiger sonst dessen Kreditpolitik ausgeliefert. Aus demselben Grund erfordert eine krisenfeste Finanzierungsstrategie die Berücksichtigung unterschiedlicher Finanzierungsinstrumente.
Alternative Finanzierungsmethoden verringern Abhängigkeit
So stärkt der Einsatz von Mezzanine-Finanzierungen wie Nachrangdarlehen, stillen Beteiligungen oder Genussrechten das Eigenkapital, was wiederum die Kreditaufnahme in wirtschaftlich schwierigen Zeiten erleichtert. Vorteile bringt auch ein Factoring. Wenn die Forderungslaufzeiten krisenbedingt zunehmen, sorgt der Verkauf offener Rechnungsforderungen für ausreichende Liquidität. Beim echten Factoring übernimmt der Anbieter überdies die Haftung für Zahlungsausfälle.
Zur Vorfinanzierung von Wareneinkäufen sind Unternehmer nicht auf Kreditlinien angewiesen. Durch Finetrading können sie das Zahlungsziel auf bis zu 120 Tage verlängern. Weil der Finetrader die bestellten Waren sofort bezahlt, lassen sich die Finanzierungskosten teilweise durch Skontoerträge gegenfinanzieren. Eine weitere Möglichkeit, ohne Rückgriff auf die Banken flüssige Mittel zu beschaffen, ist der Rückmietverkauf, besser bekannt unter dem englischen Begriff Sale-and-lease-back. Dieses Verfahren eignet sich insbesondere dazu, die in den Geschäftsimmobilien gebundenen stillen Reserven aufzulösen.
Die konjunkturelle Schwäche ist nach Ansicht der führenden Experten zwar vorübergehender Natur. Allerdings bleiben die Risiken einer Verschärfung groß. Getreu dem Motto „Vorsicht ist besser als Nachsicht“ muss sich der Mittelstand daher auf eine schwere Rezession vorbereiten. Wichtiger Bestandteil der Krisenvorbereitung ist die Erarbeitung einer Finanzierungsstruktur, die einseitige Abhängigkeiten vermeidet.
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