Seit dem Abgasskandal stehen Dieselfahrzeuge wegen ihres hohen Stickoxidausstoßes unter Beschuss. In den Innenstädten drohen gar Fahrverbote. Besonders betroffen ist der Mittelstand: Sechs von zehn Firmenwagen sind Diesel, die meisten geleast. Grund genug, die Auswirkungen der Dieselkrise auf das Kfz-Leasing näher zu betrachten.
Im Februar entschied das Bundesverwaltungsgericht, dass die Kommunen in Gebieten mit zu hoher Stickoxidbelastung Diesel-Fahrverbote verhängen dürfen. Erste Verbote sind bereits beschlossen. So sperrt Hamburg voraussichtlich nach Pfingsten zwei Straßenabschnitte für Dieselfahrzeuge unterhalb der Euro-6-Norm.
Vorteilhaftes Kilometerleasing
Die drohenden Fahrverbote drücken die seit dem Abgasskandal ohnehin gebeutelten Verkaufspreise von Diesel-Gebrauchtwagen weiter in den Keller. Im März erzielten dreijährige Diesel-Pkws gemäß DAT-Dieselbarometer 53,4 Prozent des Listenneupreises, 4,6 Prozent weniger als Benziner. Anfang 2017 waren es noch 56 Prozent. Gebrauchte Diesel sind schwer verkäuflich. Sie stehen im Durchschnitt 103 Tage beim Händler, 18 Tage länger als Autos mit Benzinmotor. Jeder fünfte Händler nimmt deshalb keine Selbstzünder mehr in Zahlung.
Je nach Finanzierungsart ihrer Flotte sind Unternehmen von den Verwerfungen am Dieselmarkt unterschiedlich stark betroffen. Am besten fahren sie zurzeit mit dem Kilometerleasing. Dementsprechend bevorzugen 47 Prozent der deutschen Unternehmen gemäß CVO-Fuhrpark-Barometer dieses Leasingmodell. Der Kilometervertrag erlaubt dem Leasingnehmer, mit dem Fahrzeug eine vereinbarte Kilometerzahl zurückzulegen. Das Restwertrisiko liegt beim Leasinggeber. Allerdings ist anzunehmen, dass die Raten für neue Kilometerverträge mittelfristig steigen, falls sich die Situation am Gebrauchtwagenmarkt nicht entspannt.
Beim Restwertleasing drohen Nachzahlungen
Besonders ungünstig in der aktuellen Situation ist das Restwertleasing, das bei 17 Prozent der deutschen Unternehmen zum Einsatz kommt. Das Leasing mit Restwertvertrag zeichnet sich im Vergleich zum Kilometerleasing durch tiefere Monatsraten aus. Dafür übernimmt der Leasingnehmer das Restwertrisiko. Liegt der Verkehrswert des Fahrzeugs am Ende der Leasingperiode tiefer als der zu Vertragsbeginn vereinbarte Restwert, ist der Leasingnehmer verpflichtet, nachzuzahlen. Angesichts der sinkenden Preise für Diesel-Gebrauchtwagen müssen sich einige Unternehmer auf Nachzahlungsforderungen einstellen.
Selten, aber ebenso wenig vorteilhaft sind Leasingverträge mit Andienungsrecht. Ein solcher Vertrag berechtigt den Leasinggeber, dem Kunden das Auto zu einem vor Vertragsbeginn kalkulierten Restwert zu verkaufen. Anders gesagt: Wenn die Leasinggesellschaft von ihrem Andienungsrecht Gebrauch macht, muss der Leasingnehmer den Wagen zum vereinbarten Restwert übernehmen, auch wenn dieser über dem Verkehrswert liegt.
Ist das Fahrzeug vom VW-Skandal betroffen, kann der Leasingnehmer versuchen, das Restwertrisiko auf den Volkswagen-Konzern abzuwälzen: Noch bis Ende des Jahres ist eine Schadensersatzklage möglich. Die Erfolgsaussichten sind jedoch schwer abzuschätzen. Klagewillige Unternehmen sollten zudem beachten, dass die Interessenwahrung im Zusammenhang mit Fahrzeugen beim Berufs- und Firmenrechtsschutz meist ausgeschlossen ist.
Exit aus dem bestehenden Leasingvertrag?
Unabhängig vom Risiko des Wertverlustes besteht die Gefahr, dass die Nutzung der geleasten Fahrzeuge zunehmend durch Fahrverbote erschwert wird. Zwar verpflichtet das Diesel-Urteil des Bundesverwaltungsgerichts die Gemeinden, „hinreichende Ausnahmen“ vorzusehen. Dennoch wird der Wildwuchs an unterschiedlichen Regelungen die Betreiber von Dieselflotten massiv belasten. Für Unternehmen, die von Fahrverboten betroffen sind, wäre es daher vorteilhaft, die geleasten Fahrzeuge gegen Euro-6-Diesel einzutauschen.
Problematisch hierbei: Leasingverträge enthalten in der Regel keine Ausstiegsklausel. Und selbst wenn die vorzeitige Kündigung möglich ist, fallen so hohe Ausgleichszahlungen an, dass sich der Ausstieg nicht lohnt. Bei Verbraucherverträgen bietet sich teilweise die Möglichkeit des „Widerrufsjokers“: Der Leasingvertrag lässt sich selbst nach längerer Zeit widerrufen, weil die 14-tägige Widerrufsfrist wegen Formfehlern nie zu laufen begann.
Teure Nachrüstung
Unternehmern bleibt nur der Weg, einen Aufhebungsvertrag zu verhandeln. Gehört der Leasinggeber zu einem Autokonzern, besteht zumindest die Chance auf ein Entgegenkommen. Schließlich haben die Autohersteller ein Interesse, ihre Kunden trotz der Dieselkrise bei der Stange zu halten. So bieten beispielsweise Audi und BMW bei neuen Leasingverträgen ein befristetes Rückübernahmeversprechen für den Fall, dass im Umkreis von 100 Kilometern des Wohn- oder Geschäftssitzes ein Fahrverbot erlassen wird.
Zeigt sich der Leasinggeber nicht kulant, stellt sich die Frage nach einer Nachrüstung. Ein Regierungsgutachten geht davon aus, dass sich die Nachrüstung von Euro-5-Fahrzeugen auf Euro 6 mit „verträglichem Aufwand“ realisieren lässt. Es schätzt den Preis für den Umbau auf 3.000 Euro. Die Kosten bleiben allerdings am Flottenbesitzer hängen. Die Autohersteller übernehmen – das ist der Kompromiss der beiden Dieselgipfel – nur Software-Updates. Damit ein Euro-5-Diesel die Euro-6-Norm erfüllt, braucht es indes eine Anpassung der Hardware. Ob und in welchem Umfang sich die öffentliche Hand an einer allfälligen Nachrüstaktion beteiligen wird, steht in den Sternen.