Trotz des rasanten technologischen Wandels halten sich deutsche Unternehmen bei den Investitionen zurück. Dadurch gefährden sie ihre Wettbewerbsfähigkeit. Woran liegt dies und wie kann der Mittelstand seine Investitionstätigkeit ausbauen?
Digitalisierung, Automatisierung, künstliche Intelligenz, Verlagerung in die Cloud, die Ablösung des Verbrennungsmotors durch den Elektroantrieb: Die Wirtschaft befindet sich in der größten Umbruchphase der Nachkriegsgeschichte. Etablierte Geschäftsmodelle verschwinden ebenso schnell in der Bedeutungslosigkeit wie neue entstehen. Die einst klare Grenze zwischen Industrie und Dienstleistungsbranche verschwimmt. Statt sie zu kaufen, werden Kunden Produkte künftig vermehrt im Rahmen eines umfassenden As-a-Service-Konzepts mieten.
Stagnierende Investitionsquote
Für die deutsche Wirtschaft mit ihrer Fokussierung auf den Industriesektor bedeuten die Umwälzungen eine besondere Herausforderung. Damit sie weiterhin erfolgreich bleibt, sind hohe Investitionen erforderlich. Während der letzten zwei Jahrzehnte nahmen die Investitionen gemessen an der Wirtschaftsleistung indes ab. 1980 lag die deutsche Investitionsquote noch bei 25,9 Prozent. Bis in die Neunzigerjahre hielt sie sich wegen des Aufholbedarfs der neuen Bundesländer auf hohem Niveau. Mit der Dotcom-Krise zu Beginn der Nullerjahre kam die Wende. Das schwache Wachstum der folgenden Dekade, das zum Teil auf eine ungünstige Wechselkursfixierung bei der Euro-Einführung zurückzuführen war, verhinderte eine Erholung.
Doch selbst heute, nach einigen sehr erfolgreichen Jahren, verharrt die Investitionsquote bei unbefriedigenden 21,2 Prozent. Zum Vergleich: Südkorea investierte 2017 31,1 Prozent seiner Wirtschaftsleistung. In Schweden und der Schweiz liegt die Investitionsquote bei einem Viertel und auch Japan, Frankreich, Kanada und Österreich investieren einen größeren Anteil ihres Bruttoinlandsprodukts. Namentlich bei der digitalen Infrastruktur führte die deutsche Investitionsschwäche zu einem erheblichen Rückstand. So lag die Technologienation Deutschland 2018 bei den schnellen Internetanschlüssen bloß im europäischen Mittelfeld.
Staatliche Zurückhaltung
Woher rührt die Investitionsschwäche? Ein häufig genannter Grund ist der Rückgang der staatlichen Ausrüstungsinvestitionen. Anfang der Siebzigerjahre investierte der Staat noch 4,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes in die Infrastruktur. Heute hat sich der Investitionsaufwand der öffentlichen Hand bezogen auf die Wirtschaftsleistung halbiert. Damit gehört Deutschland zu den Schlusslichtern unter den EU-Mitgliedsstaaten. Öffentliche Investitionen sind aber oft ein Auslöser oder gar eine Voraussetzung für private Investitionen.
Ein weiteres Investitionshindernis für die Privatwirtschaft ist der Fachkräftemangel. Letztes Jahr fehlten der Wirtschaft zum Beispiel 82.000 Informatiker. Offene IT-Stellen blieben im Durchschnitt fünf Monate lang unbesetzt. Die Investitionsfreude junger Unternehmen wird ferner durch die geringe Verfügbarkeit von Venture Capital getrübt. In den USA ist der Risikokapitalmarkt im Verhältnis zur Bevölkerungsgröße laut einer McKinsey-Studie rund achtmal so groß wie in der Bundesrepublik. Hierzulande konzentrieren sich Risikokapitalgeber in erster Linie auf die Frühphasenfinanzierung. Für Wachstumsfinanzierungen steht nur wenig Kapital bereit. Auch die im internationalen Vergleich eher hohe Steuer- und Abgabenlast und die restriktiven Abschreibungsregeln tragen nicht zu einem positiven Investitionsklima bei.
17.000 Euro für Digitalisierungsprojekte
Dennoch erhöhte der deutsche Mittelstand gemäß aktuellem KfW-Mittelstandspanel 2018 das fünfte Jahr in Folge sein Investitionsvolumen. Die Investitionen stiegen um 4,3 Prozent auf 220 Milliarden Euro. 54 Prozent davon verwendeten die Unternehmen für Kapazitätserweiterungen, ein Drittel floss in Ersatzanschaffungen. Allerdings waren die investierten Beträge meist überschaubar. Die Hälfte der Investitionsprojekte kostete weniger als 22.000 Euro. Mit durchschnittlich 17.000 Euro waren die Aufwendungen für Digitalisierungsprojekte ebenfalls gering.
Ob diese Summen für die Bewältigung der bevorstehenden Herausforderungen reichen, ist mehr als fraglich. An der Kreditsituation liegt es jedenfalls nicht, dass kleine und mittlere Unternehmen nicht mehr investieren. Lediglich ein Zehntel aller KMU erhielt 2018 keine Bankkredite – so wenige wie noch nie. Die Ursache für die Zurückhaltung liegt – von den allgemeinen Gründen für die deutsche Investitionsschwäche abgesehen – wohl eher beim Wunsch, Unabhängigkeit und Flexibilität zu wahren. Damit ist auch zu erklären, dass die Eigenkapitalquote der Mittelständler auf einem hohen Niveau von 31,2 Prozent verharrt.
Unabhängigkeit wahren
Der Wunsch nach Unabhängigkeit ist verständlich, wenn man bedenkt, wie rasch die Banken ihre Kreditkonditionen im Krisenfall verschlechtern. Trotzdem: Wollen deutsche Unternehmen ihre Technologieführerschaft und ihre starke Stellung in den Exportmärkten behaupten, dürfen sie nicht auf Investitionen verzichten. Zum Erhalt ihrer Eigenständigkeit gegenüber Banken und anderen Investoren setzen sie besser auf eine Diversifizierung ihres Finanzierungsmixes.
Als alternative Finanzierungsquellen kommen unter anderem Private-Equity-Gesellschaften, Kreditfonds oder ein Crowdinvesting infrage. Bei den weniger streng regulierten Kreditfonds profitieren Unternehmen mit eingeschränkter Bonität oft von besseren Konditionen als bei den Banken. Eine Spezialität der Kreditfonds sind Unitranche-Finanzierungen – eine Kombination vor- und nachrangiger Kredite. Schwarmfinanzierungen werden vor allem von Start-ups und Projektentwicklern geschätzt. Sie bieten nicht zuletzt eine Möglichkeit, die Kundenbindung zu verstärken. Die meisten Crowdinvesting-Plattformen arbeiten zudem mit institutionellen Investoren zusammen, was Anschlussfinanzierungen erleichtert. Ein weiterer Weg, die Finanzierung wichtiger Zukunftsinvestitionen sicherzustellen, ist die Suche nach einem finanzkräftigen Kooperationspartner. Eine Kooperation bedeutet jedoch, ein Stück seiner Unabhängigkeit preiszugeben.
Liquidität aus dem Vermögen
Bevor sich ein Unternehmen an einen Partner bindet, lohnt es sich deshalb, das Potenzial zu nutzen, das im eigenen Umlauf- und Anlagevermögen schlummert. Der Verkauf offener Rechnungsforderungen, das Factoring, sorgt beispielsweise für einen ausgeglicheneren Cashflow, wodurch mehr liquide Mittel für Investitionen zur Verfügung stehen. Dasselbe gilt für den Einsatz von Waren- und Lagerfinanzierungen. Liquiditätsspitzen verhindert ein Unternehmen auch, indem es Anlagegüter wie Immobilien, Fahrzeuge oder IT-Equipment durch Leasing erwirbt, statt sie zu kaufen. Die Liquidität, die in den bereits vorhandenen Anlagegütern gebunden ist, lässt sich durch ein Sale-and-lease-backzurückgewinnen. Der Rückmietverkauf eignet sich insbesondere dazu, stille Reserven aufzulösen.
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