Mit Finanzierungsmixen ist es ähnlich wie mit ausgewogener Ernährung. Wer sich nur noch von Salat ernährt, lebt ähnlich ungesund wie ein Fleisch-Fanatiker. Die richtige Mischung entscheidet sowohl über kurzfristiges Wohlbefinden als auch über langfristigen Erfolg. Bei Finanzierungen heißt das konkret: Sie sollten sowohl Ihre Finanzierungsinstrumente per se differenzieren und sich nicht mit einem konventionellen Bankkredit begnügen als auch verschiedene Finanzierungsanbieter konsultieren.
Schweinekotelett ist en vogue
Jetzt würden mir vermutlich viele Freunde des täglichen Schweinekoteletts entgegnen, dass sie sich bester Gesundheit erfreuen und äußerst zufrieden mit ihrem Lebensstil sind. Dies ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass sie insgeheim längst abhängig sind – vom täglichen Fleischkonsum oder eben einem einzelnen Finanzdienstleister. Die Abhängigkeit hat lediglich keine unmittelbaren Auswirkungen, weshalb sie häufig unbemerkt bleibt, bis ernsthafte Schäden nicht mehr zu vermeiden sind.
Die Deutschen sind abhängig
Was wie eine grotesk konstruierte Geschichte klingt, ist in Deutschlands Unternehmensfinanzierungssektor traurige Realität: Die Studie einer deutschen Finanzierungsplattform kommt zu dem Ergebnis, dass 72 Prozent der deutschen Unternehmen über lediglich eine oder zwei Bankverbindungen verfügen. Klingt unspektakulär, begünstigt jedoch Finanzsklerose, die, wenn es ungünstig läuft, zum Infarkt Ihres Unternehmens führen kann. Die These der vorhandenen Abhängigkeit von der Hausbank wird von einer Studie des Bundesverbands freier Berater e. V. gestützt, die feststellt, dass nur 23 Prozent der KMU in Deutschland unabhängig von ihrer Hausbank sind.
Warum sind Abhängigkeiten so gefährlich?
Viele Abhängigkeiten sind zunächst unsichtbar – in wirtschaftlich komfortablen Situationen treten sie nicht zutage. Solange Sie keinen Marathon laufen, merken Sie nichts von Ihrer (durch jahrelangen Kotelette-Verzehr) eingeschränkten Konstitution, und so lange wir in Europa weiter von Niedrigzinsen profitieren, gibt es vermeintlich keinen Grund, die Hausbank infrage zu stellen. Angenommen die Zinsen in Europa stiegen in den nächsten Jahren signifikant an (wovon mittlerweile fast alle Experten ausgehen), dann würden Finanzierungen teurer – bei manchen Anbietern mehr, bei anderen weniger.
Die gute alte Hausbank hat ausgedient
Wenn stille Abhängigkeiten aufgedeckt werden, entpuppt sich die gute alte Hausbank schnell als Kredithai, und Sie werden sich über Ihre fehlende Weitsicht ärgern. Abgesehen von der nun offensichtlichen Abhängigkeit ergeben sich auch konkret messbare Nachteile: schlechtere Finanzierungskonditionen. Das ist für viele Unternehmen nicht nur ärgerlich, sondern vor allem eines: existenzgefährdend. Eine Erhebung der Wirtschaftsauskunftei Creditreform kam zu dem Ergebnis, dass bereits jetzt 15,4 Prozent der deutschen Unternehmen nicht in der Lage sind, die durch Bankkredite anfallenden Zinsen zu bedienen. In den nächsten Jahren könnte dieser Wert durch steigende Zinsen drastisch ansteigen.
Unzufriedenheit mit Hausbank weit verbreitet
Besonders paradox: viele Unternehmer sind zudem unzufrieden mit ihrer Hausbank – laut einer Forsa-Umfrage im Auftrag der Targo Bank gar jeder siebte deutsche Kleinunternehmer. Das Ergebnis verwundert, da Unternehmer derzeit durch Globalisierung und FinTech-Aufstieg mehr Finanzierungsoptionen haben als jemals zuvor. Ist die Bankverbindung einmal eingerichtet, scheinen viele bürokratiefaule Unternehmer Unannehmlichkeiten mit der Hausbank in Kauf zu nehmen – leider.
Die Folge sind monatlich vermeidbare Mehrkosten, die Liquidität und mittelfristig auch Bonität schädigen.
Wie sieht ein gesunder Finanzierungsmix aus?
Es gibt kein Universalrezept für eine gelungene Unternehmensfinanzierung. Grundsätzlich ist es wichtig, dass Sie über mindestens zwei Bankverbindungen verfügen, um Ihre Verhandlungsposition zu stärken. Doch das ist nicht genug: Eine Vielzahl an Unternehmen finanziert einen Großteil des laufenden Geschäfts über Kontokorrentlinien, obwohl es oftmals günstigere Alternativen gäbe. Für den Wareneinkauf eignet sich beispielsweise Finetrading: Ihre Wareneinkäufe werden hier von einem Zwischenhändler zu attraktiven Konditionen vorfinanziert, und Sie erhalten verlängerte Zahlungsziele. Unternehmen, die offene Forderungen gegenüber Debitoren haben, können durch Factoring Außenstände minimieren und sofortige Liquidität generieren. Wer großes Anlagevermögen besitzt, kann dieses im Zuge eines Sale-and-lease-backs kapitalisieren, ohne Einschränkungen im operativen Geschäft hinnehmen zu müssen. Die Möglichkeiten der Diversifizierung sind enorm.
Anbietervergleich ist elementar für den Erfolg Ihres Unternehmens
Grundlegend für eine erfolgreiche Finanzierungsstruktur ist neben der Diversifizierung des Portfolios indes auch ein profunder Anbietervergleich. Erfahrungsgemäß können Kreditzinsen je nach Anbieter, selbst bei ähnlicher Ausgangslage, um bis zu 5 Prozent variieren – zugegeben das sind astronomische Werte, doch selbst geringfügige Zinsschwankungen können erheblichen Einfluss auf Ihre Liquidität haben. Diese Relevanz haben auch zahlreiche Online-Anbieter erkannt, die automatisierte Finanzierungsrankings anbieten: Diese sind jedoch mit Vorsicht zu genießen sind, da oft versteckte Kosten hinter den Hochglanz-Fassaden lauern: Bearbeitungsgebühren, obligatorische Restschuldversicherungen, Vorfälligkeitsentschädigungen bei Sondertilgungen – die Liste der Kostenfallen ist lang. Alternativ können Sie unabhängige Berater konsultieren, die Sie individuell betreuen und Ihnen helfen, unnötige Kosten zu vermeiden.
In der Hoffnung bei Ihnen ein Bewusstsein für die Problematik von stillen Abhängigkeiten und einseitigen Finanzierungsportfolios geschaffen zu haben, widme ich nun wieder meinem Schweinekotelett – jedoch mit Beilage – vielleicht klappt es dann auch wieder mit dem Marathon.