Kaufen in der Krise

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5. Juli 2023

Ein rasches Ende des Hauspreisverfalls in Deutschland scheint nicht in Sicht. Die Preise für Wohnimmobilien sind noch einmal dramatisch eingebrochen. Was heißt das für den Käufer- und Mietmarkt? Und lohnt ein Einstieg jetzt?

Wohnviertel

Es ist der stärkste Rückgang seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 2000: Die Preise für Wohnimmobilien in Deutschland sind im ersten Quartal dieses Jahres um durchschnittlich 6,8 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum gesunken. Das geht aus dem Häuserpreisindex hervor, den das Statistische Bundesamt (Destatis) jetzt veröffentlichte. Auch im Vergleich zum Schlussquartal 2022 waren Wohnimmobilien durchschnittlich nochmals 3,1 Prozent günstiger.

Grafik zum HäuserpreisindexBesonders stark fiel der Preisverfall in den sieben Top-Metropolen Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt, Stuttgart und Düsseldorf aus. Hier brachen die Preise von Ein- und Zweifamilienhäusern im zweistelligen Prozent-Bereich ein, bei Wohnungen musste im Schnitt 6,4 weniger gezahlt werden. 

Ähnlich schlecht schnitten die kreisfreien Großstädte ab. Dort waren Ein- und Zweifamilienhäuser mit 9,7 Prozent und Eigentumswohnungen mit knapp sechs Prozent ebenfalls deutlich günstiger als im Vorjahresquartal.

In den vergangenen Jahren waren die Preise für Neubauten und auch Altbauten in immer neue Höhen gestiegen. Dann explodierten die Finanzierungskosten, die Inflation verteuerte das Leben ­ – und die Nachfrage brach komplett zusammen. Damit Wohneigentum nach den stark gestiegenen Zinsen weiter genauso erschwinglich ist, hätten die Immobilienpreise eigentlich um ein Drittel fallen müssen.

Eigentumswohnungen: Preise im Mai leicht im Plus

Doch dazu ist es bis heute nicht gekommen. Nach Zahlen der Immobilienplattform Europace sind die Preise von Apartments von der Spitze im vergangenen März um 15 Prozent eingebrochen, die für Neubauten um zwölf Prozent. Allerdings: Im Mai 2023 legten die Preise für Eigentumswohnungen leicht von 210,51 Indexpunkten im April auf 211,18 Indexpunkte im Mai zu. Dies entspricht einem Plus von etwa 0,32 Prozent. Laut Europace könnte dies, wenn nicht auf eine Trendumkehr, so doch auf eine Stabilisierung der Preise hindeuten.

Grafik zur Preisentwicklung indexiert

Dazu passt auch, dass die Preise für Neubauten weit weniger stark eingebrochen sind als etwa die von Altbauten. Warum ist das so? Aus Finanzierungssicht gibt es keinen Unterschied. Der Grund dürfte zum einen darin liegen, dass ESG-Kriterien für immer mehr Käufer eine Rolle spielen, die kaum ein Altbau erfüllt, sowie in der Sorge, sich mit einem Altbau auf ein Sanierungsabenteuer einzulassen, das am Ende die Kosten aus dem Ruder laufen lassen könnte.

Die Misere spiegelt sich auch in der Zahl der Transaktionen wider, die um 40 Prozent zurückgingen. Doch nicht nur die Nachfrage ist eingebrochen, auch die Zahl genehmigter Bauanträge kollabierte. So wurden im April nur 21.200 Wohnungen zum Bau genehmigt, ein Drittel weniger als ein Jahr zuvor. Der größte Rückgang seit März 2007.

Dabei ist mehr Wohnraum dringend nötig. Denn allein im vergangenen Jahr wuchs die Bevölkerung in Deutschland um 1,1 Millionen Menschen, der stärkste Zuwachs seit der Wiedervereinigung.

Von der Finanzierungsseite würden keine positiven Impulse kommen, schreibt Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank. Der Zinssatz für zehnjährige Hypothekenkredite werde sich auf absehbare Zeit zwischen 3,5 und vier Prozent bewegen.

Was heißt das? Lohnt sich ein Investment in Immobilien also derzeit nicht? Sicher, die derzeitige Zinssituation lädt nicht unbedingt dazu ein, sich in ein Immobilieninvestment zu stürzen. Und daran wird sich so schnell nichts ändern. Dennoch gibt es gewichtige Gründe, die „Betongold“ durchaus attraktiv machen.

Das gewichtigste Argument dürfte in Angebot und Nachfrage zu suchen sein. Wie erwähnt, wächst Deutschland, Zuzug ist sogar ausdrücklich erwünscht – Stichwort Fachkräfteeinwanderungsgesetz. 400.000 neue Wohnungen hatte die Bundesregierung pro Jahr angepeilt, laut Wohnungswirtschaftsverband GdW werden aufgrund des Einbruchs der Bautätigkeit in diesem Jahr aber lediglich 242.000 Einheiten fertiggestellt, im kommenden Jahr sogar nur 214.000. Die Wohnungsnot wächst also weiter.

Selbst Altbauten können attraktiv sein. Nicht nur haben sie die stärksten Preiseinbrüche zu verzeichnen, zahlreiche Zuschussmöglichkeiten lassen das Schreckgespenst der energetischen Sanierung bei genauer Betrachtung gar nicht mehr so bedrohlich erscheinen. Nicht zuletzt können Modernisierungsmaßnahmen mit maximal elf Prozent auf die Jahresmiete umgelegt werden.

Langfristig orientierte Anleger sollten ohnehin die Mieten im Blick behalten. Denn anders als die Verkaufspreise sind die in den vergangenen beiden Jahren im Durchschnitt kräftig gestiegen – und werden dies laut einhelliger Expertenmeinung auch weiterhin tun, was letztendlich ein Wertsteigerungspotenzials erwarten lässt.

Bedenkt man all diese Punkte, sieht der Horizont am Immobilienhimmel schon gar nicht mehr so grau aus.


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