Der Begriff Zinswende bezieht sich auf die Änderung des Leitzinses der Zentralnotenbanken. Je nach fiskalpolitischer Ausgangslage kann es sich dabei entweder um eine Anhebung oder eine Senkung des aktuellen Leitzinses handeln. In Europa entscheidet die Europäische Zentralbank (EZB) über solche Maßnahmen, in Amerika liegen diese Kompetenzen bei der Federal Reserve (FED). Da der Leitzins ein zentrales Steuerungsinstrument der Notenbanken ist, hat seine Änderung signifikante Auswirkungen auf gesamtwirtschaftliche Prozesse.
Von einer Zinswende ist typischerweise dann die Rede, wenn die zuständige Zentralnotenbank einen Kurswechsel bei der aktuellen Zinspolitik vornimmt oder ankündigt, dass ein solcher Wechsel bevorsteht. Eine Zinswende kommt dabei in den seltensten Fällen überraschend, sondern wird meist bereits im Vorfeld angekündigt. Zudem sind für eine Vielzahl der Akteure am Markt die Zeichen einer anstehenden Zinswende in der Regel absehbar. Dementsprechend werden Prozesse angepasst, Vermögenswerte umgeschichtet oder Investitionen geplant, noch bevor die Wende in Effekt tritt.
Für die Zentralbanken gibt es die Möglichkeit, das aktuelle Zinsniveau beizubehalten, den Leitzins anzuheben oder diesen zu senken. Dies hat jeweils unterschiedliche geldpolitische Effekte:
Senkung des Leitzins
Eine Senkung des Leitzinses führt dazu, dass Bankkredite günstiger werden. Die Banken leihen sich bei der Zentralbank Geld. Wenn sie weniger Zinsen für diesen Kredit zahlen müssen, können sie die Vergünstigungen weitergeben. Dadurch wird die Kreditaufnahme durch Unternehmen und auch Privatpersonen gefördert.
Dieses Mittel wählen Zentralbanken insbesondere, wenn die wirtschaftliche Leistung einer Region sinkt oder die Gefahr einer Deflation besteht. Sie sorgt so für eine Preisstabilität und erhöht die Geldmenge, die im Umlauf ist. Ein dauerhaft niedriger Leitzins kann in konjunkturell starken Phasen jedoch eine Inflation begünstigen.
Anhebung des Leitzins
Entscheidet sich die Zentralbank dazu, den Zins wieder anzuheben, verringert sie dadurch die im Umlauf befindliche Geldmenge. Die Aufnahme von Krediten wird uninteressanter und Sparer erhalten wieder mehr für Bankguthaben und Versicherungen. Gleichzeitig wird eine mögliche Inflation verhindert. Eine Zinserhöhung birgt jedoch auch das Risiko, das Wirtschaftswachstum auszubremsen, da Kredite für Unternehmen teurer werden und diese folglich Investitionen zurückstellen.
Neben den Folgen für die Wirtschaft der betroffenen Staaten hat eine Zinswende auch unmittelbare Folgen für Länder mit hohen Staatsschulden. Je nach Gesamtumfang der Schulden kann eine Änderung des Leitzinses um einen halben Prozentpunkt bereits milliardenschwere Auswirkungen auf die Verschuldung und die jeweilige Zinslast haben, sowohl im positiven als auch im negativen Sinne. Dieser Punkt unterstreicht die Wichtigkeit einer Zentralbank, die unabhängig von einzelnen politischen Agenden arbeitet und in ihrer Entscheidungsfindung autark ist.